Verständnis statt Vorwürfe
Aus der Praxis der Erziehungsmediatoren
Seit 2008 habe ich eine feste Stelle mit 19,5 Wochenstunden als Erziehungsmediatorin am Christoph-Probst-Gymnasium Gilching. In unserer Schule leben viele Menschen zusammen, sodass Konflikte zum Alltag gehören.
Zwei Siebtklässler kommen und erzählen, dass ein Klassenkamerad richtig nervt. Sie sitzen in der Pause bei uns auf dem Sofa, essen ihre Brotzeit und schildern den Alltag in der Klasse. Zunächst höre ich zu und verstehe, wie es ihnen geht. Im Gespräch überlegen wir dann gemeinsam, wie es wohl dem Mitschüler geht. Dieser Perspektivenwechsel ist ihnen erst dann möglich, wenn sie sich genug gesehen fühlen. Gemeinsam wird überlegt, wie sich etwas ändern kann.
Eine Lehrkraft kommt und berichtet von einem Fünftklässler, der immer wieder Mitschüler körperlich attackiert. Sie wird ungehalten, schimpft ihn und bestraft ihn. Geredet hat sie schon viele Male, aber es nützt nichts. In der nächsten Stunde schickt sie den Schüler, damit der mal erzählen kann, wie es ihm so geht. Gut in Kontakt kommen, Zuhören ohne Wertung, Verstehen, was die Wut auslöst – das sind einige der Schritte meiner Arbeit. Wie kann eine gute Lösung aussehen? Gemeinsam wird überlegt und das gute Gefühl, eine Lösung gefunden zu haben, gibt Hoffnung. Der kleine Schüler saust zurück in die Klasse. Nach der Stunde kommt die Lehrkraft. Wir besprechen, wie sie hier unterstützten kann. Aber oft geht es auch darum, das Eigene zu erkennen. Kann ich geduldig mit einem Schüler sein, der stört und andere verletzt? Wo sind meine inneren Antreiber, meine Wertvorstellungen, meine Verhaltensmuster so schnell da, dass ich als Lehrkraft in meinen Handlungsoptionen eingeschränkt bin?
Eine achte Klasse ist unmotiviert, alle Lehrer mahnen und fordern. Die Klasse ist mit einem Gruppenkonflikt beschäftigt und versteht den Druck der Lehrer nicht. Die Schüler beantragen eine „Zeit für uns“- Stunde, um zunächst die Lernsituation zu schildern. Sie erkennen, was sie durch ihr Verhalten bei der Lehrkraft auslösen und was ihrem Gruppenkonflikt zugrunde liegt. Sie sind frustriert. Den Zusammenhang mit ihrer Lernsituation können sie jedoch nicht herstellen. So ist der Weg für ein gemeinsames Arbeiten zwischen den Lehrern und ihnen versperrt. Jetzt ist es meine Aufgabe bei Schülern und Lehrkraft Verständnis zu wecken und so ein neues Miteinander zu ermöglichen.
Auch die Elternarbeit ist ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Einige Eltern sind sehr dankbar für eine Unterstützung in der Erziehungsarbeit, andere fühlen sich und ihr Kind kritisiert und reagieren gekränkt und mit Macht. Eltern erleben in der Schule immer wieder Ohnmacht. Daher begegnen sie mir als eine Art „Puffer“ mit Abwertung. Dabei kommen mir die vielen Wochen der Selbsterfahrung in unserer Ausbildung zu Gute. Wichtig ist es jetzt das ganze System (Schule, Lernen, Familie und Kind) zu sehen und Respekt vor jeder einzelnen Person, jeder Familie zu haben. Ich grenze mich ab, versuche mich zu schützen dadurch, dass ich meine Rolle erkenne und die Situation der Lehrer bzw. der Eltern verstehe.
Es lohnt sich, diese Arbeit zu tun. Jeden Morgen freue ich mich darauf.
Margarete Blunck, Erziehungsmediatorin
Stimmen von Erziehungsmediatoren
aus den Weiterbildungskursen
Diese Weiterbildung hilft mir so viel, um Eltern und Kinder und ihre Konflikte zu verstehen und sie zu begleiten.
Leiterin einer Kindertagesstätte
Ich möchte mich vielmals für die Weiterbildung bedanken.
Ich freue mich jeden Tag, dass ich es gemacht habe! Diese Woche wurde mein Vertrag in der Grundschule verlängert und unsere Arbeit sehr wertgeschätzt. Es wurde sogar ein kurzer Bericht in der Zeitung veröffentlicht!“Erziehungsmediatorin in einer Grundschule,
deren Mitarbeit von der Gemeinde finanziert wird
Ich verstehe immer mehr, was ihr mit dieser Weiterbildung gewollt habt. Es ist die Wertschätzung, die ich erfahren habe und die Einstellung der Zuwendung, die den Streitenden hilft eigene Lösungen für ihren Konflikt zu finden und wieder aufeinander zuzugehen.
Lehrerin am Gymnasium,
die diese Weiterbildung gemacht hat und jetzt vom Freundeskreis der Schule für ihre Konfliktarbeit bezahlt wird